Alois Gölles im CorporateBiz-Talk

Der Destillateur und Essigerzeuger aus dem Schlaraffenland

Die GÖLLES-Erfolgsstory –

mit Fortsetzung in der vierten Generation

 

Es begann als „Hobby“. Rund 42 Jahre später gehören die Essige und Edelbrände aus der Gölles-Manufaktur zu den Spitzenprodukten aus Österreich und sind zu einem unentbehrlichen Element der feinen Küche geworden. Die Marke Gölles steht für höchsten Qualitätsanspruch und – vor allem – für Genuss. Wir wollten diese Erfolgsstory besser verstehen und trafen Alois Gölles in seiner Manufaktur im steirischen Stang bei Riegersburg zum sehr persönlichen Gespräch über seinen Apfel Balsamessig, die Gölles-Philosophie, die größten Herausforderungen und schönsten Erfolge, über seine Pionierarbeit als Hotelier und die nächste Gölles-Generation.

Herr Gölles, Sie sind weit über die Grenzen Österreichs bekannt als DER Pionier für edle Brände und feinen Essig. Wann hatten Sie den Grundstein dafür gelegt? Mit welcher Vision?

„Die Vision zur innovativen Obstverarbeitung hatte ich schon während meiner Schulzeit. Das Obstgut meiner Familie besaß seit Generationen das Recht zum Betreiben einer Abfindungsbrennerei. Als ich schließlich 1979 die Klosterneuburger Wein- und Obstbau-Schule absolvierte – übrigens u.a. gemeinsam mit meinem lieben Freund Manfred Tement – begann ich, diese wiederzubeleben. Es war zunächst lediglich ein Hobby – ergänzend zu meinen Brotjobs, bei denen ich mich aber immer und sehr intensiv dem Thema Obst- und Weinverarbeitung widmete, in Versuchszentren in Graz, aber auch in Italien und auch als Produktionsleiter bei Steirerobst, damals der größte Fruchtsafthersteller Österreichs. Ich habe Obst als natürlichen und faszinierenden Rohstoff entdeckt und liebte es, damit zu experimentieren. Und dann gelang mir der „große Wurf“ mit meinem Apfel-Balsam-Essig; das war 1984. Zwei Jahre später, 1986, waren alle Kontingente für die Abfindungsbrennerei erschöpft. Damit war die Entscheidung klar: gemeinsam mit meiner Frau Herta entwickelte ich aus der bäuerlichen Erzeugung eine kleine Manufaktur für edle Brände und feine Essige. Der Grundstein war gelegt.“

Was ist das Besondere an Ihrem Apfel Balsamessig?

„Acht Jahre im Eichenfass gelagert, geprägt durch wundervoll harmonische Apfelaromen, gepaart mit reifen Fassnoten, steht er den besten italienischen Balsamici in Geschmack und Charme um nichts nach. Bei der Entwicklung unseres Balsamico auf die steirische Art wollte ich einfach Essig erzeugen, der nicht durch Säure, sondern vielmehr durch fruchtig-typischen Geschmack und milde Würze überzeugt. Das ist mir gelungen: ich nahm im Jahr 1991 mit unserem neuen Produkt (Jahrgang 1984) an einer bedeutenden Verkostung teil – und zu meinem Erstaunen wurde unser Apfel Balsamessig für außergewöhnlich gut befunden! Es war damals eine Weltnovität, Balsamico-Essig aus Äpfeln zu produzieren. Erst 15 Jahre später haben Mitbewerber ein ähnliches Produkt hergestellt. Für mich war es eine enorme Motivation und ich begann, viele der heimischen Obstsorten zu Balsam- und Fruchtessig zu vergären.“

Wie ging es mit dem Apfel Balsamessig weiter?

„Der klassische Apfel Balsamessig ist das Flaggschiff unserer Essig-Erzeugung. Aber wir begannen, ihn weiterzuentwickeln und mit der Lagerung in immer kleiner werdenden Fässern aus verschiedenen Hölzern wie Eiche, Kastanie, Akazie, Kirsche und Esche. Das Ergebnis ist der XA Apfel Balsamessig, exquisit, süß und unglaublich dicht. Über 20 Jahre durchläuft dieser Essig nach der Batteria-Methode sieben Holzfässer, bevor jedes Fläschchen per Hand gezogen und liebevoll verpackt wird. Bitte tropfenweise und pur genießen, am besten zu Erdbeeren, Himbeeren, Käse oder Vanilleeis.“

Was zeichnet generell die Gölles-Produkte aus? Welche Philosophie steckt dahinter?

„In einer Zeit, in welcher die Devise noch lautete: „Das beste Obst wird gegessen, die zweite Wahl wird zu Saft gepresst und alles, was dann noch übrigbleibt, zu Schnaps gebrannt.“ schlug ich – mit meinem Streben nach dem Besten – einen anderen Weg ein. Wenn wir in unserer Manufaktur Gölles von Essigen und Edelbränden sprechen, dann meinen wir stets 100% reine Frucht, frisch, vollreif und besonders saftig. Wenn man den besten Schnaps brennen und den besten Essig vergären will, dann muss man auch das beste Obst dafür verwenden. In der Produktion steckt viel Handarbeit, Feingefühl und eine große Portion Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die sich in den Augen jedes einzelnen Mitarbeiters widerspiegelt.“

Was waren für Sie persönlich die größten Herausforderungen, aber auch die schönsten Erfolge, Herr Gölles?

„Lassen Sie mich mit den schönsten Erfolgen beginnen: wir sind stolz auf unsere Produkte und darauf, dass es uns gelungen ist, mit dem Apfel Balsamessig eine Weltnovität vorzustellen. Dennoch, der schönste Erfolg ist die Anerkennung durch unsere Kunden. Es ist für uns die größte Auszeichnung, wenn Kunden lange Stammkunden bleiben, z.B. das Steirereck – seit 1986!!!

Wenn wir über die Herausforderungen reden, dann ist es sicherlich aktuell – neben der Corona-Krise – die Wetterlage, die sich über die Jahre zuspitzt. Es ist evident: die Winter werden milder, im April kommen die Kälte und der Frost und damit wächst die Gefahr des Blütenfrosts, wie zum Beispiel bei den Marillen, die wir zukaufen. Letztes Jahr ist die Ernte ausgefallen. Wir brennen zwar immer für drei Jahre und legen unser Depot an. Davon können wir schon einige Zeit zehren. Doch wenn wir heuer nicht kaufen können, wird es eng. Anders ist es bei unserer eigenen Ernte: die Äpfel, wie der Maschansker, sind vom April-Frost nicht betroffen; sie blühen später. Hier gilt: durchhalten bis zum 15. Mai, bis zu den Eisheiligen.“

Wir stehen hier in Ihrer beeindruckenden Brennerei. Wie wird der Schnaps eigentlich produziert?

„Wir destillieren in diesen wertvollen Kupferkesseln, und zwar nach dem traditionellen Doppelbrennverfahren. Von Juli bi November wird hier auf Hochtouren gearbeitet, denn das frische, vollreife Obst muss schnellstmöglich weiterverarbeitet werden, damit die Qualität erhalten bleibt. Erst einmal gewaschen und aussortiert, kann es gemaischt und von Rispen, Dolben und Steinen befreit werden. Für den nächsten Schritt werden die zerkleinerten Früchte zur Gärung – bei 17-19°C – in große Edelstahltanks befördert. Der natürliche Fruchtzucker wandelt sich in ein bis zwei Wochen in Alkohol um. Ist dieser Prozess abgeschlossen, wird die Maische in Kupferkessel zuerst zum Rau- und danach zum Feinbrand destilliert. Die klaren Brändewerden für 2-3 Jahre in Edelstahl- oder Glasballons gelagert, wo sie zu wahren Quintessenzen heranreifen. Hier, sehen Sie: unsere Saubirne, die Quitte, die Hirschbirne, die Herzkirsche, unsere Williams (-Christbirne), der Maschansker (eine traditionsreiche Apfelsorte; bei uns in der Steiermark war er der Apfel der Nachkriegszeit), das Kriecherl (der wilde Bruder der Hauszwetschke) oder – hier – der wohl am stärksten polarisierende Edelbrand, die Vogelbeere von der hochstämmigen Eberesche. Die fassgelagerten Brändehingegen dürfen 8-10 Jahre im eigens erbauten Schnapskeller ruhen. Was sie auszeichnet: die charakteristische gold-gelbe Bernsteinfarbe im Glas, das leichte Vanillearoma und der holzige Ton. Probieren Sie! (jetzt wird natürlich verkostet – im Quinta Essentia Edelbrandglas): unsere alte Zwetschke, der ideale Begleiter zu feiner Zigarre, kräftigem Espresso oder einfach zum krönenden Abschluss eines gemütlichen Abends und hier noch der alte Apfel, unsere Antwort auf den französischen Calvados, allerdings nicht aus gelagertem Apfelwein, sondern aus der Maische der Früchte. Dafür wandern eine Reihe alter Apfelsorten – z.B. Maschansker, Ilzer Rosenapfel und Gravensteiner – für mindestens 8 Jahre in die Eichenfässer.“

Wie sieht das mit der Ausbeute aus? Wieviel Obst braucht man für 1 Liter Schnaps?

„Das ist ganz unterschiedlich. Lassen Sie mich ein paar Extreme anführen: für die klare Herzkirsche benötigen wir rund 10kg, für den alten Apfel sind es 14kg, hingegen für die Vogelbeere das Dreifache! Auch für die Himbeere sind es rd. 29kg.“

Zu Ihrem Unternehmen gehört auch das Genusshotel Riegersburg. Was hat Sie dazu motiviert, Hotelier zu werden?

Ganz einfach, meine Frau Herta und ich hatten nach einer neuen Geschäftsidee gesucht. Die Jahre 2000 bis 2010 waren so quasi die goldene Zeit der Obstbrände. Das verdiente Geld wollten wir neu investieren, und zwar branchenfremd. Aber kein Zinshaus. Die Vorgabe für uns war, es soll in der Region, im steirischen Vulkanland sein. Und dann – per Zufall – haben wir ein Grundstück gefunden, an einem der schönsten Plätze rund um die Riegersburg, ideal für ein Hotel. Man sagt ja bei Hotel-Immobilien, es zählen drei Dinge: die Lage, die Lage, die Lage. Die ist hier einfach perfekt und der Bedarf ist da, denn rundherum gibt es zwar zahlreiche Kleinstanbieter und Thermenhotels, aber nichts für Kulinarik-Interessierte. Diese Nische haben wir mit dem Genusshotel besetzt und von 2007-2009 ein Resort für Genießer errichtet und laufend erweitert und ergänzt. Wir leben hier ja im Schlaraffenland, in dem es so viel zu entdecken gibt, von der köstlichen Zotter-Schokolade bis zur Vielzahl der Winzer, Öl-Mühlen & Co. Es kommen immer neue, relativ klein strukturierte Lebensmittelerzeuger dazu, die sich spezialisieren und auch noch die manuelle Arbeit forcieren. Wir haben mit allen einen Schulterschluss.“

Wenn wir über die Kulinarik sprechen: Ihre Produkte sind fixer Bestandteil der feinen Küche. Wie und wo lassen sich Ihr Essig und Ihr Edelbrand am besten einsetzen?

„Beim Essig sind meine Lieblingsgerichte aktuell der gebackene Spargel mit Spargel-Essig, die saure Suppe mit Heidensterz, der Vogerlsalat mit Himbeer -Essig und natürlich das Rinderfiletsteak mit Apfel Balsamessig. Die Nachspeisen werden mit unseren Edelbränden verfeinert, z.B. das flambierte Eis im Teigmantel – mit alter Apfel Fassstärke, oder auch das Birnen-Topfen-Soufflé mit Saubirnenbrand.

Auf unserer Webseite finden Sie eine umfangreiche Rezeptsammlung, die in Zusammenarbeit mit dem Küchenchef aus unserem Genusshotel Riegersburg, Rainer Kaufmann, entstanden sind. Lassen Sie sich inspirieren und entdecken Sie unsere neue Kochideen!“

Zum Abschluss noch: wohin geht die Gölles-Reise. Wie sieht es mit der nächsten Generation aus?

„Wir sind sehr um einen fließenden Übergang in die nächste Generation bemüht. Und es läuft auch schon: unser ältester Sohn David hat vor Kurzem eine eigene Firma gegründet. Während und nach seinem Studium der Lebensmittel- und Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur in Wien zog es ihn immer wieder ins Ausland. Dort sammelte er Erfahrungen in lebensmittelverarbeitenden Unternehmen. Im Frühjahr 2016 kam er mit breitgefächertem Wissen wieder in seine Heimat zurück. Nun wollte er hier seinen Traum verwirklichen und seine eigenen Produkte destillieren. Anders aber als der Familienbetrieb wollte er sich nicht auf die Verarbeitung von regionalem Obst konzentrieren, sondern einen Schritt in eine andere Richtung gehen. Er geht neue Wege, hat neue Ideen und spricht mit neuen Produkten auch neue Geschmäcker an – mit Whiskey, Gin und Rum. Als leidenschaftlicher Riegerburger hat er bei der Namensgebung eine Hommage an seine Heimat gemacht: „RUOTKER’S“ wurde von der urkundlichen Erwähnung der Riegersburg im 12. Jahrhundert abgeleitet, von „Ruotkerspurch“, die Burg des Rüdigers. Unser zweiter Sohn, Christoph, ist bei uns im Verkauf. Und Johannes, unser dritter Sohn, ist noch in Ausbildung. Was er aber jetzt schon zelebriert: die KulinarikJ.“

Vielen Dank für unser Gespräch!

Die GÖLLES Manufaktur für edlen Brand und feinen Essig im Überblick: www.goelles.at

  • – 8333 Riegersburg, Stang 52
  • – Kontakt: +43 3153 755, obst@goelles.at
  • – Gründungsjahr 1986
  • – 20 Mitarbeiter
  • – Produktionsmenge: 100.000 Liter Essig, 30.000 Liter Brand
  • – Beispielhafte Auszeichnungen: Schnapsbrenner des Jahres, Top of Styria, Schnaps des Jahres
  • – Öffnungszeiten April-Oktober MO-SA 10-18 Uhr, November-März bis 17 Uhr